Innovation für Ergonomie und Effizienz
Biomechanische Aspekte bei Exoskeletten
Bei der Entwicklung und dem Einsatz von Exoskeletten spielt die Biomechanik eine zentrale Rolle. Sie bildet die Grundlage für die Optimierung der Interaktion zwischen Mensch und Technik, indem sie natürliche Bewegungsabläufe berücksichtigt und die Belastung von Gelenken und Muskeln gezielt reduziert. Zunehmend werden Exoskelette daher als Schlüsseltechnologie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und zur Prävention muskuloskelettaler Erkrankungen eingesetzt. Der vorliegende Artikel untersucht die biomechanischen Prinzipien, die der Entwicklung und Anwendung von Exoskeletten zugrunde liegen, und beleuchtet die Vorteile sowie Herausforderungen dieser Technologie.
Das Wichtigste in Kürze
- Biomechanik als Grundlage: Exoskelette unterstützen natürliche Bewegungsabläufe und reduzieren gezielt die Belastung von Gelenken und Muskeln.
- Physische Mensch-Technik-Schnittstellen: Optimale Passform und Druckverteilung sind entscheidend für Komfort und Effektivität.
- Unterstützung der Muskel- und Gelenkbelastung: Passive und aktive Systeme reduzieren Drehmomente und Muskelbelastungen bei Hebe- und Überkopfarbeiten.
- Simulation als Entwicklungswerkzeug: Muskuloskelettale Modelle und digitale Menschmodelle sparen Zeit und Ressourcen in der Entwicklung.
- Anwendungen: In der Industrie reduzieren Exoskelette die Belastung bei Hebe-, Trage- und Überkopfarbeiten erheblich.
Was bedeutet Biomechanik für Exoskelette?
Die Biomechanik befasst sich mit den mechanischen Eigenschaften und Bewegungsabläufen des menschlichen Körpers. In der Exoskelett-Entwicklung dient sie dazu, die Belastung auf Gelenke und Muskeln zu verringern, Fehlbelastungen vorzubeugen und natürliche Bewegungen zu unterstützen. Exoskelette verteilen mechanische Kräfte gezielt auf die betroffenen Körperregionen und entlasten so spezifische Muskelgruppen. Dies wird durch eine genaue Anpassung an die Anatomie und Bewegungsdynamik des Nutzers ermöglicht.
Biomechanische Erkenntnisse helfen, Exoskelette so zu gestalten, dass sie verschiedene Nutzergruppen effizient unterstützen. Ein Beispiel dafür ist die Verwendung muskuloskelettaler Simulationsmodelle, mit denen die Wirkung von Kräften und Momenten auf Gelenke präzise analysiert werden kann (ZWF, 2023). Diese Modelle bieten die Grundlage für ergonomisch optimierte Designs und reduzieren das Risiko arbeitsbedingter Erkrankungen.
Biomechanische Schnittstellen: Mensch und Exoskelett
Die physischen Mensch-Technik-Schnittstellen (pHMI) sind entscheidend für die Funktionalität und Akzeptanz von Exoskeletten. Druckverteilung und Passform beeinflussen nicht nur den Tragekomfort, sondern auch die biomechanische Effektivität. Sensoren können die Interaktionskräfte zwischen Mensch und Exoskelett messen, wodurch Druckstellen und ungleichmäßige Belastungen erkannt und vermieden werden können (Linnenberg, 2024).
Jedoch bestehen weiterhin Herausforderungen, wie etwa die Begrenzung aktueller Messmethoden, die oft nur Normaldrücke, nicht jedoch seitliche Kräfte erfassen. Fortschritte wie die Integration von Nahinfrarot-Spektroskopie in Kombination mit kinetischen Messungen könnten hier zukünftig Abhilfe schaffen. Die Nahinfrarot-Spektroskopie (NIRS) ist eine nicht-invasive Methode, die auf der Messung des Lichtabsorptionverhaltens im Gewebe basiert und dabei hilft, lokale Veränderungen der Sauerstoffsättigung und des Blutvolumens in Weichteilgeweben zu erfassen. In Kombination mit kinetischen Messungen, die Kräfte und Druckverteilungen an den Kontaktstellen zwischen Mensch und Exoskelett aufzeichnen, können detaillierte Analysen über die Belastung und Verformung des Gewebes durch Exoskelette durchgeführt werden (Tröster, 2024).
Konkret bedeutet dies für die Praxis, dass Druckstellen vermieden werden können und somit den Tragekomfort sowie die Sicherheit signifikant zu erhöhen. Dadurch wird es möglich, nicht nur die mechanischen Belastungen zu bewerten, sondern auch physiologische Reaktionen des Körpers auf die Nutzung eines Exoskeletts zu verstehen. Zudem unterstützen solche Messmethoden die Weiterentwicklung von Exoskeletten hin zu nutzerzentrierten und effektiveren Systemen.
Reduktion der Muskel- und Gelenkbelastung
Exoskelette können Muskel- und Gelenkbelastungen signifikant reduzieren, indem sie externe Drehmomente bereitstellen und so die vom Körper aufzubringenden Kräfte verringern. Dies ist besonders bei Hebe- und Überkopfarbeiten von Bedeutung, wo die mechanische Belastung auf Rücken und Schultern besonders hoch ist (Auxivo, 2023).
Passive Exoskelette nutzen mechanische Elemente wie Federn, um die Schwerkraft zu kompensieren, während aktive Systeme mit Motoren arbeiten, die zusätzliche Unterstützung bieten. Beide Ansätze haben ihre Vorzüge: Passive Systeme sind leichter, kostengünstiger und einfacher zu handhaben, während aktive Exoskelette durch höhere Flexibilität und Leistung überzeugen (Auxivo, 2023). Studien zeigen, dass passive Exoskelette die Spitzenaktivität der Rückenmuskulatur beim Heben von Lasten um bis zu 21 % reduzieren können (Auxivo, 2023).
Wie Simulationen die Entwicklung verbessern
Biomechanische Simulationen sind ein Schlüsselwerkzeug bei der Entwicklung von Exoskeletten. Sie ermöglichen es, verschiedene Unterstützungsprofile eines Exoskeletts zu testen, bevor kostenintensive Feldstudien durchgeführt werden. Mithilfe muskuloskelettaler Modelle wie dem AnyBody Modeling System können Gelenkbelastungen und Muskelaktivierungen analysiert werden (ZWF, 2023; Tröster, 2024).
Das AnyBody Modeling System ist ein muskuloskelettales Simulationswerkzeug, das detaillierte Analysen von Muskelkräften, Gelenkbelastungen und Bewegungsabläufen ermöglicht. Durch die Simulation verschiedener Bewegungsmuster können Entwickler die Auswirkungen von Exoskeletten auf den menschlichen Körper präzise vorhersagen und das Design entsprechend anpassen. So werden biomechanische Parameter bereits in der Konzeptions- und Evaluationsphase untersucht, was letztendlich Zeit und Ressourcen spart.
Anwendungen und Praxisbeispiele
Exoskelette finden vor allem in industriellen Anwendungen Verwendung, wo sie bei repetitiven und belastungsintensiven Aufgaben wie dem Heben, Tragen oder Überkopfarbeiten eingesetzt werden. Produkte wie der Ottobock Back X oder der Auxivo LiftSuit 2.0 eignen sich hervorragend für Rückenunterstützung bei Hebetätigkeiten, indem sie die Belastung der Wirbelsäule minimieren. Im Bereich der Überkopfarbeiten bietet das Ottobock Shoulder eine effektive Unterstützung, um die Muskelaktivität in der Schulterregion zu senken. Praxisbeispiele belegen, dass textile Exoskelette wie der Paexo Soft Back die Belastung der Rückenmuskulatur um bis zu 20 % reduzieren können (Auxivo, 2023).
Vorteile und Herausforderungen der Exoskelett-Nutzung
Die Vorteile von Exoskeletten liegen auf der Hand: Sie verbessern die Ergonomie, reduzieren körperliche Belastungen und prävenieren arbeitsbedingte Erkrankungen wie muskuloskelettale Beschwerden. Produkte wie der Chairless Chair 2.0 erleichtern Arbeitsaufgaben in halbsitzender Position und schützen so die Bein- und Rückenmuskulatur. Dennoch gibt es Herausforderungen, darunter die hohen Kosten für Implementierung und Wartung sowie das Fehlen von Standards und gesetzlichen Rahmenbedingungen. Die Akzeptanz der Nutzer hängt maßgeblich vom Tragekomfort und der Bewegungsfreiheit der Systeme ab (ZWF, 2021). Produkte wie der Paexo Neck, die gezielt auf Komfort und einfache Handhabung ausgelegt sind, tragen dazu bei, diese Akzeptanz zu erhöhen.
Was bedeutet das für die Anwender?
Für die Anwender bieten Exoskelette eine spürbare Entlastung belasteter Körperregionen wie Rücken, Schultern und Nacken. Mit Rückenexoskeletten wie dem Rakunie Back Support lassen sich Belastungen effektiv reduzieren, während der Paexo Thumb und der Paexo Wrist für filigrane Arbeiten an der Hand und am Handgelenk konzipiert sind. Sie steigern die Effizienz bei körperintensiven Tätigkeiten und tragen langfristig zur Reduzierung krankheitsbedingter Ausfallzeiten bei. Gleichzeitig erhöhen sie die Attraktivität von Arbeitsplätzen durch verbesserte Arbeitsbedingungen und ergonomische Gestaltung (Linnenberg, 2024).
Fazit
Biomechanische Erkenntnisse tragen bei der Entwicklung und Nutzung von Exoskeletten dazu bei, natürliche Bewegungen zu unterstützen, Belastungen zu reduzieren und die Interaktion zwischen Mensch und Technik zu optimieren. Simulationen und digitale Modelle spielen eine zentrale Rolle, um Entwicklungsprozesse zu beschleunigen und ressourcenschonend zu gestalten. Trotz der Herausforderungen in der Implementierung bieten Exoskelette erhebliche Vorteile für die Ergonomie und Effizienz am Arbeitsplatz. Produkte wie der Auxivo CarrySuit oder das Paexo Cool Sleeve veranschaulichen, wie diese Technologie die Arbeitswelt nachhaltig verändern und zur Prävention muskuloskelettaler Erkrankungen beitragen kann.
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